Im Jahre 1827 wurde im "Nekrolog der Deutschen" ein Nachruf auf den Afrikaforscher Wilhelm Friedrich Hemprich veröffentlicht, welcher von seinem Bruder Karl Friedrich Hemprich verfasst wurde.
Neben einem ausführlichen Lebenslauf, erfahren wir hier auch einige persönliche Dinge über den Afrikaforscher. Doch lassen wir einfach seinen Bruder zu Wort kommen, vgl. [1]:
"Dr. H. war von mehr als mittler Größe, einem festen starken Körperbau und braunem, etwas sparsamen Haarwuchs. Sein offenes, freies Gesicht wurde, ohne schön zu seyn, durch lebhafte Augen und den Ausdruck gutmüthiger Festigkeit interessant. Seine Haltung, als er Europa verließ, etwas gebückt, zeigte von der Kraft, und seine Bewegungen, wenn ihnen gleich das Gefällige fehlte, waren lebhaft und rasch. Von Temperament cholerisch-sanguinisch, war jedoch ersteres bei ihm das Überwiegende. Kein Feind einer besetzten Tafel und sich gern dem Schlaf, den er liebte, überlassend, ertrug er Hunger und Durste ohne Beschwerde und war mit der ärmlichen Mahlzeit befriedigt.
Leicht zum Zorne gereizt und eben so leicht besänftigt, handelte er stets offen und redlich, nicht selten durch vorschnellen Tadel und eine ihm angeborne Neigung zur Satyre, nie durch hinterlistige absichtliche Kränkung beleidigend.
Wohlwollend hatte die gütige Natur seinen Geist ausgestattet; mit einem sehr guten Gedächtnisse verband er die Gabe schneller Auffassung und einen hellen Verstand, welcher, durch natürliche Neigung zu geistiger Thätigkeit und großer Ausdauer unterstützt, ihn rasch in jedem Studium vorschreiten ließ. So hat er sich auch auf der Reise bewährt und zahlreiche Sammlungen dem Berliner Museum gesandt, zeigen von seiner und seines Gefährten rüstiger Thätigkeit. Sein literarisches Wirken in dieser Zeit selbst ist mit dem des Dr. E. so eng verschmolzen, dass es nicht getrennt werden kann und es ist mit Zuversicht zu hoffen, dass Letzterer bald in den Stand gesetzt werden wird, von beiden öffentlich Rechenschaft abzulegen.
In Gesellschaft als Knabe still, fast schüchtern zeigte er schon damals bei Vertheidigung einer Meinung große Beharrlichkeit, so wie in jeder Gefahr unerschrockenen Sinn, der ihm das Wohlwollen seiner Gespielen und später entschiedener ausgesprochen, die Achtung aller seiner Umgebungen erwarb. Dr. E., der treue Gefährte in so viel Leiden und Freuden, schreibt von ihm: 'sein Charakter war edler Muth; er konnte einen Freund lieben und ward durch Unrecht empört. Sein Recht vertheidigte er mit männlichem Ernst und oft das eines Fremden wie sein eignes.'
Mit aufrichtiger kindlich-dankbarer Liebe hing er seiner Mutter, mit brüderlicher Neigung seinen Geschwistern an und nur seine mit ihm groß gewordene Lust zu reisen, die vor Augen geführte mögliche Befriedigung des so lang gehegten Lieblingswunsches, wahrer Eifer für die Wissenschaft und der beruhigende Gedanke, einen jüngern, damals beinah erwachsenen Bruder in der Heimath zu wissen, konnte ihn bewegen, seine Mutter auf eine so weite Entfernung, wo jede Unterstützung ihm unmöglich ward, zu verlassen.
Er starb und mit ihm ging manche schöne Hoffnung für die Welt und für seine Freunde verloren; und wenn es schon schmerzlich ist, einen in voller Blüthe stehenden Baum vom unerwarteten Sturme gebrochen zu sehn, um wie viel muss dies Gefühl erhöht werden, wenn das Leben eines jugendlichen Mannes, die Thätigkeit eines kräftigen Geistes zu einer Zeit unterbrochen wird, wo er ersteres kaum der vollen Entwicklung genaht war, letzterer die Früchte seiner Anstrengungen zur Reise zu bringen und sich glänzend entfaltend, die Wissenschaft in Wahrheit zu bereichern im Stande gewesen wäre.
Darum wird gewiss Jeder mit aufrichtiger Wehmuth die einfache Schilderung des leider nur zu kurzen Wirkens des Verstorbenen aus der Hand legen, sich in dem innigen Wunsche mit den Hinterbliebenen vereinigend: dass seine Asche kühl und sanft in dem heißen Sande Abyssiniens ruhe!
Breslau. Dr. C. Hemprich"
Quellenangabe:
[1] Hemprich, C.: Nachruf Afrikaforscher Wilhelm Friedrich Hemprich, in: Neuer Nekrolog der Deutschen, Dritter Jahrgang - 1825, Illmenau 1827, S. 774-93.